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Brennstoffzelle und e-Fuel – die besseren Alternativen?

Während Elektromobilität im Personenverkehr gut funktioniert, sind die Bereiche Gütertransport, Flugverkehr, Schifffahrt denkbar ungeeignete Kandidaten für Elektrifizierung. Bei der AVL in Graz beschäftigt sich DI Jürgen Rechberger, Leiter der Abteilung Hydrogen & Fuel Cell, sehr intensiv mit dem Thema.

Redaktion: Angelika Gabor.

Brennstoffzellen funktionieren dank einer elektrochemischen Reaktion, bei der ein zugeführter Energieträger in elektrische Energie umgewandelt wird. Lokale Abgase bestehen aus reinem Wasserdampf. „Die Entwicklung der Brennstoffzellen ist schon sehr weit fortgeschritten, ich rechne mit einer Anwendung bei LKW für die Langstrecke in den nächsten Jahren“, erklärt Rechberger.

Während Europa hinsichtlich Zukunftstechnologie bei Individualmobilität ausschließlich auf Batterien setzt, sind andere Länder wie beispielsweise China wesentlich offener, auch bei der Forschung. Denn: „Die bis 2035 verkauften PKW werden noch sehr lange im Feld sein und dementsprechend Abgase verursachen. Daher plädieren wir für einen technologieoffenen Ansatz.“ Laut Stromstrategie 2040 der österreichischen Energiewirtschaft wird die angestrebte Dekarbonisierung den Strombedarf bis 2040 beinahe verdoppeln.

Abhängig vom Import

Auch wenn der Ausbau läuft, ist derzeit nicht anzunehmen, dass Österreich seinen Energie-
bedarf bis 2050 aus eigener Produktion decken kann, ein Defizit von 25 TWh droht. Der Wasserstoffbedarf wird auf 53.2 TWh geschätzt. „Wir gehen davon aus, dass Europa in Zukunft 80 Prozent des Wasserstoffbedarfs durch Import decken wird. Ein Windrad in Chile liefert dreimal so viel Windenergie wie eines an der Nordsee, und vergleicht man die Sonnenstunden in Österreich mit Nordafrika, dann liegt es klar auf der Hand, dass dort wesentlich effizienter Solarstrom gewonnen werden kann. Aus unserer Sicht wird Australien unser wichtigster Wasserstofflieferant werden“, erläutert Rechberger. Nach und nach wird der Wasserstoff dann das Erdgas ersetzen. Die gute Nachricht: Forschungen zeigen, dass die in Österreich bestehenden natürlichen Erdgasspeicher sich auch für die Lagerung von Wasserstoff eignen.

Drei Arten der Elektrolyse

Aktuell gibt es drei Elektrolyse-Technologien: Alkaline, PEM (Polymer Electrolyte Membrane)
und SOEC (Solid Oxide Electrolysis Cell), wobei SOEC am vielversprechendsten klingt.
Sie kombiniert niedrige Kosten mit den höchsten Wirkungsgraden als Grundlage für eine wirtschaftliche e-Fuel-Produktion. Neben dem geringen Strombedarf erlaubt SOEC eine
Entkopplung von Elektrolysereaktion und Verdunstung.

e-Fuel – die synthetische Variante

Bei e-Fuels handelt es sich um eine indirekte Elektrifizierung, leider werden derzeit nur rund 10 bis 35 Prozent der ursprünglich im Strom enthaltenen Energie in Nutzenergie umgewandelt. Im Artikel „Potential and risks of hydrogen-based e-fuels in climate change mitigation“ in der Fachzeitschrift Nature Climate Change (Ausgabe 11 2021) wird beschrieben, dass beim Einsatz von e-Fuels im Transportsektor nur dann eine Klimaschutzwirkung erzielt wird, wenn der Ökostromanteil bei ihrer Herstellung bei mehr als 90 % liegt. Ausgehend vom aktuellen Strommix in Deutschland würden die e-Fuels drei bis vier Mal so viele Treibhausgasemissionen produzieren wie entsprechende fossile Kraftstoffe. Kommt der Strom jedoch aus erneuerbaren Quellen und das für die Produktion nötige CO2 aus der Atmosphäre oder nachhaltiger Biomasse, können Verbrennungsmotoren mittels e-Fuels klimaneutral betrieben werden.

Der Haken: „Bislang werden diese Kraftstoffe nicht kommerziell produziert. Da die begleitende Gesetzgebung fehlt, gibt es hier auch keine nennenswerten Investitionen“, so Rechberger. Schließlich sei die Technologie noch nicht richtig reif, die Demonstrationsanlagen dienen der Forschung. „Wir bauen gerade eine solche Anlage, die Ende des Jahres in Betrieb gehen soll. Es wird die effizienteste Power-to-Liquid-Anlage Europas, dank einer neuen Hochtemperatur-Elektrolyse.“

Der erwartete Ertrag liegt bei 100.000 Litern e-Fuels pro Jahr, der Preis für einen Liter wird je nach Steuerbelastung bei 1 bis 1,50 Euro pro Liter liegen. Der große Vorteil des synthetischen Treibstoffs ist leicht erklärt: „Es ist keinerlei Umbau nötig, sobald der Motor vom Hersteller für die Benutzung freigegeben ist, kann man die e-Fuels genauso tanken wie fossile Treibstoffe.

Gerade für die Bestandsflotte an Fahrzeugen, die auch nach 2035 noch jahre- oder sogar jahrzehntelang genutzt werden, ist das eine umweltschonende Lösung.“ Auch als alternativer Treibstoff für Schiffe, Flugzeuge, LKW sowie in der Industrie bietet sich diese Lösung an, wobei für diese Bereiche aus Kostengründen Methanol und Ammoniak als Ausgangsmaterial dienen werden. Rechberger: „Die e-Fuels werden kommen, für Flugzeuge und Schiffe bereits binnen der kommenden 5 bis 10 Jahre. Die Frage ist nur, ob sie auch im Straßenverkehr genutzt werden.“ (AG)

Quelle: LOGISTIK express Journal 1/2023

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