E-Commerce: Datengesteuerte Warenzustellung

Verpflichtende Bereitstellung von Daten vor dem Versand erhöht die Zustelleffizienz, gewährleistet Zustellpräferenzen der Empfänger und ermöglicht Nachhaltigkeit.

Beitrag: Walter Trezek.

Mit der Umsetzung des EU MwSt. E-Commerce Pakets (RICHTLINIE (EU) 2017/2455 DES RATES vom 5. Dezember 2017) beginnt am 1. Juli 2021 ein neues Zeitalter für die Zustellung von Warensendungen in der Europäischen Union. Ziel ist es, die im digitalen Handel bei Distanzkäufen verfügbaren Daten, zwischen den an der Leistungserbringung Beteiligten, vor der physischen Zustellung in harmonisiertem Format auszutauschen.

EU Zolldatenmodel: Ende von Einfuhrumsatzsteuerbetrug und Zollhinterziehung.
Die jetzt umzusetzenden MwSt.- und Zollvorgaben stellen zunächst nur gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen hauptsächlich asiatischen und europäischen E-Commerce Händlern her. Das wird erreicht, indem die Einfuhrumsatzsteuerfreigrenze von EUR 22 / 44 abgeschafft wird. Dazu wird eine verpflichtende digitale Vorab- Zolldeklaration für Waren mit geringem Wert bei Warenimporten in die EU eingeführt.

Abgabe der Zollanmeldung für Sendungen geringen Werts im Bestimmungsland.
Ab 1. Juli 2021 gilt, die Abgabe der Zollanmeldungen für Sendungen geringen Werts hat im Bestimmungsland (gem. Art. 221 (4) UZK-IA) zu erfolgen. Ausnahme dazu ist das Import-One-Stop-Shop System. Es erlaubt, dass die Warensendungen dem Zoll in einem beliebigen EU-Mitgliedsstaat gestellt werden, und dort für die Zustellung in der gesamten EU freigegeben werden können.

Mit der Verwendung des Import-One-Stop-Shop (IOSS) Systems für die genannten Distanzkäufe aus Drittstaaten bei Import in die EU, sind diese Sendungen von der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt.) befreit. Die EUSt. wird bereits beim Kauf am Point of Sale (PoS) eingehoben. Notwendig ist dazu eine Fiskalrepräsentanz über einen EU-Mitgliedsstaat nach Wahl des Verkäufers (s.g. Mitgliedsstaat der Identifikation), der sich zur Begleichung der MwSt.-Pflicht monatlich, einer IOSS-MwSt. Identifikationsnummer, gültig für die gesamte EU bedient.

One-Stop-Shop bei EU-weitem Jahresumsatz von mehr als EUR 10K.
Für Warensendungen innerhalb der EU wird das One-Stop-Shop System ausgeweitet. Über dem Schwellenwert von EU-weit EUR 10K Jahresumsatz kommen für die Rechnungsstellung die Regelungen des EU-Mitgliedsstaates des Verbrauchs (d.h. dort wo der Erwerber ist) zur Anwendung. Auch hier wird es möglich mit der MwSt. Identifikationsnummer eines EU-Mitgliedsstaates die MwSt. -pflicht für die gesamte EU, quartalsweise zu begleichen.

EU Zolldatenmodel bestimmt die Datenharmonisierung vom PoS bis zum Empfänger.

Am Point of Sale verfügbaren Daten gewährleisten im digitalen Einzelhandel:

  • die Sicherheit der Produkte – Handelswaren müssen für den online Einzelhandel generisch, mittels des harmonisierten Zollkodes (zumindest mittels HS 6-digit Code) und auch individuell (zumeist geschieht dies über eine international verfügbare „Trade Item Number“) digital beschrieben werden. Freilich diese Beschreibungen umfassen auch die Maße, das Gewicht, Bilder, in dem meisten Fällen auch Herstellererklärungen, Konformitätserklärungen oder bei einzelnen Warenkategorien auch den Verweis auf eine Repräsentanz in der EU.
  • die Sicherheit der Logistik und des Transports – Das mit 15 März 2021 eingeführte Import-Kontroll-System 2 (ICS2) der EU, zunächst für den Flugfrachtverkehr für Post- und Expresssendungen, nutzt die digital verfügbaren Daten, die vorab zwischen den Flugfrachtbetreibern und den EU-Behörden ausgetauscht werden müssen, um die Transportsicherheit zu gewährleisten. Bis 2024 wird es zu einer Volldigitalisierung aller Frachtinformationssysteme der EU kommen, alle Transport- und Logistikkanäle werden umfasst. Auch hier ist das EU Zolldatenmodel der erste Schritt zur Umsetzung des EU-Transportdatenmodells.
  • gleiche Wettbewerbsbedingungen, indem die Zahlung von Steuern und Abgaben gewährleistet wird – Die am PoS verfügbaren digitalen generischen und individuellen Warenbeschreibungen ermöglichen, in Verbindung mit den Zustelldaten (dort wo der Konsument ist) eine genaue Bemessung der Einfuhrabgaben und Zölle. Im besten Fall werden diese Abgaben für den Fall von Warensendungen mit geringem Wert, bereits über den PoS mittels (I)OSS bei Kauf vereinnahmt und monatlich, oder im OSS quartalweise an die zuständigen Behörden abgeführt.
  • die nachhaltige Verwaltung der Verpackung und des Produktlebenszyklus – Das Aktionsprogram der Europäischen Kommission zielt auf eine grundlegende Erweiterung des heute bereits umzusetzenden EU-Zolldatenmodels ab. So werden die genutzten Verpackungen für den Distanzhandel in Registern erfasst. In der Folge werden die EU-Mitgliedsstaaten dazu übergehen, die heute bestehenden Vertriebsverbote durch Verkehrsverbote zu verschärfen. Damit müssen die Meldungen zu den genutzten Verpackungen an die zuständigen Registerbehörden vor einem in den Verkehr bringen erfolgen und auch durch Bevollmächtige der Versender in der EU abgesichert werden. Gleiches gilt für den Lebenszyklus der Waren, und deren nachweislich nachhaltiger Verwertung nach deren Gebrauch.
  • eine individuelle Zustellanweisungen der Empfänger – Wesentlich für die Leistungserbringung im digital gestützten Distanzhandel ist die Zustellung. Dazu wird sich in den kommenden Jahren eine betreiberunabhängige Annahme und Abgabeinfrastruktur etablieren, die den Präferenzen der Empfänger entspricht. Ähnlich wie in den letzten Dekaden die Briefkästen allen Zustellern geöffnet wurden, werden Paketannahme und -abgabesysteme (Boxen, Stationen, auch Drop-off / Pick-up oder auch Click & Collect) allen datengestützt geöffnet.

Jene Länder, die in der Entwicklung der EU voraus sind, wie Singapore, Macau, China, haben dazu bereits die rechtlichen und regulatorischen Grundlagen geschaffen und verabschiedet. Freilich, bei einem Anteil von annähernd 50% des digitalen Einzelhandels und harmonisierter datengestützter Zustellung wäre es nicht anders zu schaffen.

Harmonisierung unter Einbindung aller Wirtschaftsbeteiligten.
Der Gesetzgeber und die Regulierungsbehörden haben bereits die Weichen gestellt, um alle Betroffenen in die Gestaltung der Rahmenbedingungen mit einzubeziehen. Dazu ist in Österreich das Austrian Standards Institute, in Europa das Europäische Komitee für Normung, neben den Regierungs- und Regulierungsstellen eingebunden.

Ohne digitale ein-eindeutige Kennungen der Wirtschaftsbeteiligen, der Handelswaren, der Art der Verpackungen, der Verfolgbarkeit der Warensendungen und auch dem betreiberunabhängigen Zugang zur Abgabe- und  Hinterlegungsinfrastruktur, werden die bereits dokumentierten Effizienz- und Ökologisierungschritte in den kommenden 3 Jahren nicht umzusetzen sein. (RED)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 2/2021

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