Hallo Meinung: Die Schande von Brüssel

Was sich Deutschland im Zeichen grundfalsch verstandener „Solidarität“ freiwillig aufbürdete, ist schlimmer als einst Versailles.

Gastbeitrag: Daniel Matissek.

Es war nur eine kurze, entlarvende Bemerkung am Rande des Brüsseler Verhandlungsmarathons über EU-Haushalt und Corona-“Aufbaufonds“, die Angela Merkel im vertraulichen Gespräch mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Marc Rutte fallen ließ, doch die hatte es in sich – sagte sie doch mehr aus über den eigentlichen Charakter der gigantischen EU-Hilfen für Europas „Südstaaten“ als alle wohlfeilen Kommuniquees, Beschlüsse und Schlussnoten: „Wenn die Südländer pleitegehen“, so Merkel, „dann gehen wir irgendwann alle pleite.“ Es ist dieselbe verquere Logik wie schon bei den Griechenland-Hilfen – Deutschland soll für die Defizite und Strukturmängel anderer haften, weil es sonst angeblich selbst in Gefahr gerät. Genau umgekehrt wird ein Schuh daraus: Deutschland wird irgendwann selbst pleitegehen, gerade weil es jedesmal die unausweichliche Pleiten anderer abwenden muss.

Der Brüsseler Irrsinns-Kontrakt beschert uns den ultimativen Offenbarungseid der EU: Was hier vor allem Deutschland und Frankreich gemeinsam mit anderen Geberländern durchwinkten, kommt der finalen Zerpflückung und Einebnung des ursprünglich angedachten EU-Wirtschaftssystems gleich, für das sowohl Maastricht als auch Lissabon standen. Denn dieses sah eben keine Verschuldungs- und Haftungsunion zu Lasten der fleißigen, erfolgreichen Mitgliedsstaaten vor, sondern eine nicht delegierbare, residuale Eigenverantwortung der Staaten. Nichts davon ist übriggeblieben; für die Misswirtschaft anderer haften die Deutschen – gefügig gemacht mit dem Totschlagargument der ansonsten drohenden Gemeinschaftspleite.

Die Corona-Pandemie kommt den Pleitegeiern am Mittelmeer wie gerufen, sich als Hauptbetroffene und Härtefälle einer von außen hereingebrochenen Naturkatastrophe zu inszenieren – denn nun sind die lange erhofften Finanzspritzen plötzlich keine verfemten „Eurobonds“ mehr, sondern kommen als humanitäre, alternativlose Rettungsaktionen daher, die entweder in Form von verlorenen Zuschüssen oder günstigen Rahmenkrediten aus dem „Corona Recovery Fund“ fließen… und die eines gemein haben: Am Ende steht vor allem der deutsche Steuerzahler für den Löwenanteil der Ausfallrisiken ein.

Die „Schäden“, die Italien und auch Spanien wie zuvor jahrzehntelang Griechenland jetzt geltend machen, sind nicht die Folge von Corona, sondern einer schon vor Jahren evident gewordenen Reformverweigerung, von strukturellen Haushaltsdefiziten, eines ausufernden öffentlichem Sektors und von Korruption – und vor allem: von durchgehender Fremdfinanzierung bei gigantischer Staatsverschuldung. All dies war hausgemacht;

Corona hat das Kartenhaus nur endgültig zusammenstürzen zu lassen. Warum wohl ist Deutschland so viel besser durch die Krise gekommen als eben Italien und Spanien, die nun die Opferkarte ausspielen, um im Namen der Corona-Folgenbehebung das zu bekommen, was ihnen bisher verwehrt blieb? Und plötzlich erscheinen rückblickend die dramatischen Infektions- und Opferzahlen ausgerechnet in diesen beiden Ländern in einem ganz anderen, einem fragwürdigen Licht. Gewiss wütete das Virus regional sehr heftig – in Norditalien, in den spanischen Metropolen.

Doch die Frage bleibt: Wurde hier eine Katastrophe womöglich taktisch übertrieben oder zumindest professionell ausgenutzt, um eine möglichst zügige, an keine allzu harschen Bedingungen geknüpfte Nothilfe zu erhalten – die nun tatsächlich kommt und sogar die Dimensionen sprengt, welche sich spanische und italienische Haushaltspolitiker noch vor wenigen Monaten nie hätten träumen lassen? Deutsche Journalisten haben es in ihrer notorischen Regierungsergebenheit leider versäumt, diesen Auffälligkeiten auf den Grund zu gehen.

Die Frage stellt sich in der Tat, ob die verdächtige, inzwischen völlig unverhältnismäßige Dauerbeschwörung der „Corona-Gefahr“ nicht den äußeren Rahmen bildet, um fundamentale Vermögensverschiebungen und Geldtransfers innerhalb Europas durchzuwinken. Doch nicht für unsere Medien.Geradezu berauscht zeigten diese sich stattdessen vom Irrsinns-Deal und zollten Angela Merkel Anerkennung – obwohl diese in Brüssel den ultimativen Nachweis erbracht hat, dass sie und ihre „Mitstreiter“, in deren Hände Schicksal und Zukunft Deutschlands gelegt sind, tatsächlich keine Volksvertreter, sondern Volksverräter sind – jenseits aller Pegida-Platitüden. Einen anderen Begriff gibt es dafür nicht. Denn was uns da Anfang der Woche unter dem sperrigen Titel der „Aufbau- und Resilienzfazilität“ als angeblich nutzbringendes Verhandlungsergebnis verkauft wurde, ist nicht weniger als die endgültigen Preisgabe deutscher Interessen und Zukunftssicherung.

Die von Merkeldeutschland zum Auftakt der EU-Ratspräsidentschaft verschenkten Summen im Volumen von 133.000.000.000 Euro (entsprechend einem guten Drittel des gesamten Bundeshaushaltes von 2020, der 362.000.000.000 Euro beträgt) lassen die volkswirtschaftlichen Dauersünder der EU frohlocken – während die Groko dem eigenen Volk Betonklötze auf Jahre hinaus ans Bein bindet und es frech auffordert, gefälligst schneller zu schwimmen.

Exakt das, was die Gründerväter der Gemeinschaft immer verhindern wollten, ist nun bittere Realität: Sozialistische Umverteilung und Belohnung der Verschwender bei gleichzeitiger Bestrafung der Disziplinierten. Deutschland darf als größter Nettozahler nicht nur für das bis 2027 budgetierte, aufgeblähte EU-Haushaltsvolumen von über 1,06 Billionen Euro maßgeblich mit geradestehen, sondern mit dem 750-Milliarden-Aufbaufonds, der am Kapitalmarkt auf Pump finanziert wird, neben seiner eigenen astronomischen Corona-Neuverschuldung für 11-stellige Gemeinschaftsschulden bürgen.

So etwas will an der Heimatfront beredt erklärt, besser: passend „geframed“ sein. Und so versuchen Politik und vor allem Medien hierzulande (wobei sich bei letzteren mittlerweile nicht mehr mit Bestimmtheit sagen lässt, ob die verantwortlichen Journalisten schlicht zu beschränkt sind die Hintergründe zu begreifen, oder ob sie sich freiwillig und wider besseres Wissen an der Regierungs- und EU-Propaganda beteiligen) der unbedarften Masse deutscher Schlafschafe das Märchen zu verklickern, hier sei in einem 90stündigen „Rekord-Marathon“ hart für deutsche Interessen „gekämpft“ worden – ganz so, als sei es eine physische Heldentat, Deutschlands Ruin unter Dach und Fach zu bringen.

Statt in Leitartikeln und TV-Kommentaren die Folgen des EU-Deals kritisch zu hinterfragen, wurde Merkels nächtliche Verhandlungs-Stamina bewundert oder auf die infantilen Spaßbezeichnungen für die einzelnen EU-Interessengruppen abgestellt („Club Med“, „Sparsame Fünf“ und dergleichen. Und gänzlich unkritisch wurde der Zweckoptimismus der politischen Créme nachgebetet; etwa Peter Altmaiers Suada, die Einigung von Brüssel sei „eine gute Nachricht für Millionen von Menschen in Deutschland und darüber hinaus in ganz Europa“. Richtig wäre eher: Sie ist eine schlechte Nachricht für alle Deutschen – und ein Lotteriegewinn für den maroden Süden des Kontinents.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder jubelte: „Zum Glück konnte sich Europa einigen. Das neue Finanzpaket ist die entschlossene Antwort auf Corona. Ausdrücklicher Dank an die Bundeskanzlerin für ihren großen Einsatz und Geduld.“ Sein CSU-Generalsekretär Markus Blume trompetete im Gleichtakt: „Die europäische Idee lebt! Große Herausforderungen brauchen große Antworten – die EU hat sie heute Nacht gegeben!“ Das war das Niveau, auf dem dieser schwarze Tag für Deutschlands Zukunft politisch verklärt wurde.

Tatsächlich sind hier nur die Deutschen die Dummen – und zwar nicht nur die heute hier Lebenden, sondern selbst noch gar nicht geborene Generationen, die hier pränatal enteignet werden und überschuldet zur Welt kommen. Denn als erste Konsequenz dieser „großen Antworten“ steht schon jetzt fest, wohin die Reise geht: In Richtung massiver Steuererhöhungen, Vermögensabgaben und letztlich sogar Zwangsenteignungen – denn anders wird sich diese Schuldenlast nie stemmen lassen. Nie zuvor mussten Steuerzahler derartige Summen aufbringen, die nicht dem eigenen Land zugute kommen, sondern ins Ausland fließen.

Erstmals stehen nun auch bislang undenkbare faktische EU-Steuern im Raum: Etwa eine Plastiksteuer über 80 Cent pro Kilogramm Plastik ab kommenden Januar – von der nur ein Viertel in Deutschland verbleibt, während der Rest an die EU-Kommission fließt; oder eine Digitalsteuer auf Online-Geschäfte, mit der IT Konzerne wie Google, Amazon oder Facebook fortan im Land des jeweiligen Kunden zur Kasse gebeten werden (um ihnen so ein Ausweichen in Niedrigsteuer-Länder zu vergällen) – die Erlöse hieraus sollen ebenfalls zweckgebunden zum Abstottern des EU-Corona-Fonds nach Brüssel fließen.

Und noch weitere kreative Grausamkeiten werden den Deutschen zusetzen: Die vorgesehene, massive Ausweitung des Handels mit CO2-Zertifikaten wird ebenfalls nicht etwa der deutschen Industrie zugutekommen, sondern der Kommission. Und das Sahnehäubchen: Schon jetzt steht fest, als weiteres Resultat der finanziellen Selbstentleibung Deutschlands am Brüsseler Verhandlungstisch, dass wir fortan schlappe 10 Milliarden Euro pro Jahr mehr als bislang in den EU-Haushalt einzahlen dürfen. Was sind schon ei paar Milliarden, wo die „Schwarze Null“ auf Äonen hinaus Geschichte bleiben wird?

Ihr Glück kaum fassen können die Hauptprofiteure dieser fatalen Übereinkunft, Italien und Spanien: Sie streichen nun den doppelten Lohn dafür ein, dass künftig erst noch sauer zu erwirtschaftende deutsche Milliarden dort hingepumpt werden, wo der Staat – schon fast kulturell-traditionell – als Beute angesehen wird, der munter ausgeplündert wird, dem Steuern vorenthalten und der getrost in die Pleite getrieben werden kann – während die dortigen Bürger vor allem an sich selbst denken und eine gigantische Schattenwirtschaft am Laufen halten: Nicht von ungefähr liegt das durchschnittliche Vermögen pro Haushalt in Italien heute um das Dreifache höher als in Deutschland, auch in Eigenheimquote und Bar-Rücklagen sind uns die Mittelmeer-Anrainer pro Kopf deutlich voraus.

Italien ist pleite, die Italiener sind es nicht. Bei Deutschland ist es eher umgekehrt: Hier, wo es ohne großes Gemotze üblich ist, die Hälfte bis zwei Drittel des Einkommens brav an Fiskus, öffentliche Kassen und Sozialversicherungen abzudrücken, sind die Bürger arm und der Staat fett. Solange die abgepressten Steuern und Abgaben noch ans eigene Volk zurückflossen, wird dieser bedenklich nah am Sozialismus entlangschrammende Umverteilungsgrad noch toleriert; wenn nun aber die den Deutschen aus der Tasche gezogenen Unsummen über den „Umweg Brüssel“ direkt nach Südeuropa gelenkt werden, dann ist dies eine Form von moderner Schuldknechtschaft und Ausplünderung der deutschen Volkswirtschaft.

Praktisch alles, was vor der Coronakrise stets verpönt war – Kollektivierung von Schulden, eine Art EU-„Länderfinanzausgleich“ mit Deutschland als Zahlesel -, das wird nun durch direkte Transferzahlungen erreicht – soweit es nicht schon durch Target-2 oder die Nullzins-politik der EZB (die die deutschen Kapitalanlagen und Sparguthaben bereits aufgefressen hat) Wirklichkeit wurde.

Wie schnell Deutschland dem Ausverkauf und seiner Enteignung bereitwillig beipflichtete, wie schamlos Merkel einknickte: All das lässt unweigerlich den Verdacht keimen, dass diese Pandemie mehr als gerufen kam. Denn Corona selbst und seine Folgenbeseitigung, jene „Recovery“, sind dabei in Wahrheit absolute Nebensache: Denn ginge es wirklich um die Bekämpfung der Corona-Folgen, dann müsste Deutschland als innerhalb der EU von der Krise als drittstärkstes betroffenes Land besonders von diesem Geld-Topf profitieren – statt ihn aufzufüllen. So jedoch fließen die Gelder hauptsächlich in finanziell angeschlagenen Staaten, wo sie – so wie schon die bisherigen Finanzspritzen ohne Corona – ohne wirtschaftliche Effekte im Staatsbudget versickern werden – und eben nicht für Strukturreformen genutzt werden.

Was jetzt beschlossen wurde, ist für Deutschland noch schlimmer als die Schuldenunion, schlimmer als die noch im Frühjahr als „Corona-Bonds“ diskutierten Zuwendungen – und vermutlich sogar schlimmer als der Versailler Vertrag (der vor 100 Jahren bekanntlich nachhaltiges Unglück über Deutschland brachte, indem er zu einer der Ursachen für Hitlerdiktatur, zweitem Weltkrieg und totalem Zusammenbruch wurde). Denn wie bei Versailles werden auch heute wieder Obligationen auf Jahrzehnte festgeschrieben – von denen überhaupt nicht klar ist, ob Deutschland sie jemals wird erfüllen können; diesmal nicht auf 75 Jahre Dauer, sondern auf „nur“ 38 Jahre sind die Rückzahlungsverpflichtungen des Aufbaufonds ausgelegt. In einen neuen Krieg wird dies vorerst nicht münden – jedenfalls nicht, solange Deutschland noch Substanz hat, von der es zehren kann. Doch ist diese Substanz aufgebraucht, dann droht auch der zweiten deutschen Demokratie eine Destabilisierung wie Weimar, ganz unabhängig von den bereits in Stellung gebrachten Zeitbomben Migration und Demographie.

Der Hauptunterschied zu 1919 ist allerdings der, dass die Deutschen diesmal ihre eigene Ausblutung – durch Vermögensabfluss und erst noch zu erwirtschaftender Steuern – nicht nur freiwillig absegnen, im Gegensatz zum damaligen Zwangsdiktat. „Novemberverbrecher“ nannte die rechtsnationale Propaganda damals die deutschen Delegierten, obwohl diese in Versailles zur Unterzeichnung des Vertrags gezwungen worden waren. Als „Juliverbrecherin“ bezeichnet Merkel, bislang jedenfalls, noch niemand – obwohl niemand außer ihr selbst es diesmal war, der Deutschlands Ausverkauf besiegelte, dabei aktiv offene Türen einrannte und zu fast nichts genötigt werden musste.

Ein besonderes Ärgernis ist nicht nur die Beschaffung, sondern die Verteilung der gigantischen Hilfsbeträge: Darüber nämlich entscheidet fortan die EU-Kommission unter ihrer – durch die Bundeswehr-Berateraffären für ihre Treusorglichkeit beim Ausgaben ihr anvertrauter öffentlicher Mittel ja bereits bestens qualifizierten – Präsidentin Ursula von der Leyen. Diese hat sich bestimmte Kriterien ausbedungen, von deren Einhaltung der Geldfluss abhängig gemacht werden soll und durch welche sich die begünstigten Empfängerstaaten zunächst qualifizieren müssen. Dabei handelt es sich jedoch gerade nicht um wirtschaftliche oder Strukturreformen, etwa höhere Haushaltsdisziplin, Antikorruptionsmaßnahmen und Austeritätsprinzip (was bei den drei Griechenland-Hilfspaketen 2010-2015 noch zur Auflage gemacht worden war).

Stattdessen ist es diesmal die ideologische Compliance der Profiteure des „Aufbaupakets“, die zum Alleinmaßstab gemacht werden: Klimaschutz, absehbar auch Migration sowie Bereitschaft zur Flüchtlingsaufnahme; vor allem aber die Einhaltung „rechtsstaatlicher Grundsätze“ – Letzteres eine klare Breitseite gegen die Visegrad-Staaten, vor allem Polen sowie Ungarn. Deren Widerstand gegen den faktischen Bevölkerungsaustausch, gegen Ausbreitung des Islams, gegen schleichenden europäischen Werte- und Identitätsverlust wird von den linksregierten EU-Leadern, allen voran Deutschland und Frankreich, seit Jahren gezielt als Begleiterscheinung eines angeblichen Renationalisierungs- und völkisch-rechts-extremen Autoritätskurses diskreditiert.

Wer also künftig nicht eifrig gendert, vergrünt, afrikanische Wirtschaftsflüchtlinge bei sich aufnimmt und ansiedelt, und vor allem: wer nicht supranationale NGO’s im eigenen Land mitreden lässt, der soll aus Brüssel weniger bis gar nichts kassieren. Zwar scheiterten Merkel und von der Leyen mit ihrem Plan, bereits ein echtes Zahlungsveto zu installieren (an seine Stelle soll zunächst eine „Anzeigepflicht“ zur Einleitung möglicher Sanktionen treten). Doch der Kurs ist klar: Die EU setzt auf das Prinzip Zuckerbrot und Peitsche, „Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing“, um ihre globale Agenda durchzusetzen – mit deutschen Steuergeldern als Erpressungsmasse.

Für Deutschland selbst bringt der in Brüssel beschlossene Wahnsinn weitaus mehr Nachteile als Vorteile, woran auch volksverblödende Rechenbeispiele nichts ändern können – wie etwa der „Tagesspiegel“, der die Kanzlerin mit der Schlagzeile lobpries: „Merkel handelt für Deutschland 1,3 Milliarden zusätzlich heraus!“ Dies wäre so, wie wenn jemand für eine Bratwurst 100 Euro bezahlt und dann damit prahlt, er habe einen Euro Rabatt rausgeholt. Natürlich bekommt auch Deutschland „Geld zurück“ – so wie schon immer Mittel des EU-Haushaltes auch an die Geberländer zurückflossen; doch es bleibt ein riesiges Netto-Defizit zugunsten der Gemeinschaft – und das ist der Nettoüberhang, den Deutschland für diese neue Perversion des Solidaritätsbegriffs entrichten darf. Dies freilich natürlich nur, solange es dazu noch ökonomisch in der Lage ist – und nicht auch hier Massenarmut und Massenarbeitslosigkeit um sich greifen. Dann gibt es nämlich niemanden, der uns helfen kann und will.

Es ist deshalb eine Schande, was in Brüssel zulasten der Deutschen von ihren eigenen Führern beschlossen wurde. Dass ausgerechnet Bundesfinanzminister Olaf Scholz seinem Steuerzahlervolk Sand in die Augen streut und diese wohl verantwortungsloseste historische Veruntreuungsaktion eines Staates auch noch als „Gemeinschaftserlebnis“ feiert, ist kaum mehr rational zu fassen. „Wer zusammen Kredite aufnimmt und sie zusammen zurückzahlt, der erreicht eine neue Dimension der Gemeinsamkeit“, so Scholz wörtlich: „Das verändert die politische Statik auf eine dramatische Weise.“ Dramatisch – in der Tat. Denn die Kredite werden eben nicht „zusammen zurückgezahlt“, sondern im Zweifel von Deutschland. Die Umwuchten, die sich aus dieser Zukunftslast ergeben, werden irgendwann den innereuropäischen Zusammenhalt zerbrechen lassen. Den Deutschen wird ein Licht aufgehen, wenn sie selbst pleite sind.

Wer glaubt, Deutschland erkaufe sich mit dieser Schuldverschreibung eine anhaltende Epoche des innereuropäischen Friedens, ist auf dem Holzweg: Ganz im Gegenteil wird so eine Spaltung der Gemeinschaft zementiert, die sie irgendwann zerbrechen lassen wird – und die sich irgendwann auch wieder in militärischen Spannungen entladen können. Dann hätte der Brüsseler Moloch, zu dem die einst große europäische Idee degeneriert ist, exakt das vollbracht, was die Architekten der Nachkriegsordnung eigentlich verhindern wollten. (DM)

Quelle: LOGISTIK express Journal 4/2020

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