Vorteile einer automatisierten Kreditorenbuchhaltung

Die digitale Transformation ist unerlässlich für den Geschäftserfolg von morgen. Sie ist keine Option mehr, sondern Notwendigkeit. Alle Geschäftsfelder sind betroffen, insbesondere der Einkauf.

Beitrag: Thomas Kofler.

Als Einstieg in die digitale Transformation eignet sich vor allem die Kreditorenbuchhaltung (AP Accounts Payable), d.h. die Buchführung der Kontokorrentbeziehungen zwischen dem eigenen Unternehmen und externen Lieferanten und Dienstleistungsanbietern. Hier wird das Tagesgeschäft häufig noch immer von Papier und Personal intensiven, manuellen, fehlbehafteten Prozessen bestimmt. Die Kreditorenbuchhaltung zählt in vielen Konzernen zu den ineffizientesten und kostenträchtigsten Abteilungen in einem Konzern. Besonders hoch ist der Verwaltungsaufwand u.a. bei Speditionen und Expressdienstleistern, die meist Hunderte von Lkw-Unternehmen beschäftigen. Durch Automatisierung können Unternehmen den Arbeitsaufwand und Kosten senken sowie Zeit und Personal einsparen. Die Rendite entsprechender Investitionen (ROI = Return on Investment) ist hoch.

Stolpersteine.
Warum kommt die Digitalisierung in diesem Bereich trotzdem nur schleppend voran? Zum einen geniesst die Kreditorenbuchhaltung als Nebenzweig der Finanzbuchhaltung im Bereich Finanzen und Controlling keinen hohen Stellenwert. Entsprechend schwierig ist es für die Verantwortlichen, die nötigen Investitionen bewilligt zu bekommen. Vielen Finanzkontrolleuren ist nicht bewusst, wie viel Geld sie mit einer Automatisierung einsparen könnten und dass die Einsparungen die Investitionen über Zeit weit überschreiten.

Ein weiteres Problem ist das Silodenken in grossen Organisationen und die unsichtbaren Mauern zwischen Buchhaltung, IT und Einkauf. Naturgemäss hat die Kreditorenbuchhaltung einen engen Bezug zum Beschaffungswesen, insbesondere dem Einkauf. Meistens rapportieren die Bereiche jedoch an unterschiedliche
Führungskräfte und sehen sich daher als Konkurrenten mit unterschiedlichen Zielen. Es braucht bei der Einführung von AP-IT-Lösungen einen langen Atem. Viele Lieferanten sträuben sich anfangs gegen einen Systemwechsel hin zu e-Invoicing und e-Payments. Hier sind Fingerspitzengefühl und Überredungskunst gefragt.

Softwarefunktionen.
Das Angebot technischer Lösungen für eine Automatisierung der Kreditorenbuchhaltung ist gross. Ihre Funktionalität wird ständig verbessert. Waren Supply-Chain-Finance (SCF)-Lösungen anfänglich auf Grossunternehmen ausgerichtet, stehen heute KMU im Fokus. Denn laut Expertenaussagen verfügen erst 52% über eine SCF-Lösung. Laut einem Bericht des McKinsey Global Institute vom Januar 2017 könnte rund die Hälfte aller bezahlten Tätigkeiten von Mitarbeitenden in Wirtschaftsunternehmen mit der heute zur Verfügung stehenden Technologie automatisiert werden.

Wie funktioniert AP Lösungen? Der Prozess beginnt mit der Auftragserteilung und anschliessenden Rechnungsstellung. Akzeptieren Sie nur noch elektronische Rechnungen von Ihren Lieferanten! Durch kostenloses Verknüpfen aller Lieferanten mit einer Multi-User-Plattform erreichen Sie eine hohe Akzeptanz fürs e-Invoicing. Wenn der Lieferant die Plattform auch für eigene Geschäfte nutzen kann, z.B. den Einkauf von Ersatzteilen unteranderem wächst die Bereitschaft, digitale Prozesse zum Standard zu machen.

Mit moderner Software können Sie die gesamte Rechnungsbearbeitung automatisieren. 
Eingehende Rechnungen werden erfasst und automatisch mit Aufträgen, Vertragskonditionen, aber auch gesetzlichen und firmeninternen Compliance-Vorgaben und Zollbestimmungen sowie Wareneingangsbuchungen/Lieferscheinen verglichen. Nach positiver Prüfung werden sie zur Zahlung frei gegeben markiert und gemäss den vorgegebenen Zahlungszielen bezahlt. Die Software erfasst ebenfalls Gutschriften, verwaltet offene Posten, archiviert Unterlagen und füttert Daten in das ERP-System.Die Mitarbeitenden konzentrieren sich allein auf die Problemfälle. So lässt sich die mit Anzahl der mit Rechnungen befassten Personen reduzieren und die Durchlaufzeiten im Rechnungswesen deutlich verkürzen.

Skonti locken.
Eine integrierte Procure-to-Pay-Lösung ermöglicht ausserdem die dynamische Handhabung von Skonti bei Frühzahlungen. Der Einkauf/Financial Controller bestimmt, wie viel Kapital für Frühzahlungen zur Verfügung steht. Die Lieferanten publizieren online ihre Standardkonditionen. Gemeinsam werden dann die anzuwendenden Konditionen beschlossen, die bei früher Zahlung automatisiert angewendet werden. Für Unternehmen die Skonti auf alle Eingangsrechnungen erhalten, ergeben sich signifikanten Einsparungen und höhere Gewinnmargen. Aber auch mehr Transparenz, Imagegewinn sowie langfristig, stabile Partnerschaften mit Lieferanten sind als positive Nebeneffekte nicht zu unterschätzen. Mit kürzeren Zahlungsfristen können Unternehmen eventuell auch deutlich günstigere Konditionen im Einkauf aushandeln. Für langjährige Lieferanten ergibt sich die Möglichkeit, bei den an die Plattform angeschlossenen Banken einen günstigeren Kredit auszuhandeln, da diese den kontinuierlichen Geldfluss sehen.

Tail Spend.
Einkaufsrichtlinien konzentrieren aus Haftungsgründen traditionell den Wareneinkauf auf eine beschränkte Zahl ausgewählter Mitarbeiter. Diese sind für den Einkauf der wichtigsten Rohstoffe und Halbwaren verantwortlich. In manchen Unternehmen werden aber so kaum 10% der Lieferanten erfasst. Mit der Einführung einer digitalisierten Zahlungsabwicklung kann auch anderen Mitarbeitenden Zugang zu Zahlungsmitteln (Unternehmens- oder Kreditkarte/p-Karte) für geringfügigere Ausgaben (Tail Spend) gewährt werden. Dabei mag es sich um Reisekosten, den Einkauf von Dienstleistungen oder Büromaterial, Kleinteile, Ersatzteile, Werkzeuge oder andere Waren handeln.Die Verwaltung solcher Unternehmensausgaben, d.h. nicht-geschäftskritischer Einkäufe, ist gewöhnlich komplex. Moderne Softwarelösungen übertragen die Kontrolle über solche Einkaufsentscheidungen den jeweiligen Budgetverantwortlichen und ebnen den Weg für einen standardisierten Genehmigungsworkflow. Dies erhöht die Transparenz unternehmensweit. Die Automatisierung der Kreditorenbuchhaltung steigert nicht nur die Kosteneffizienz der Buchhaltung selbst, sondern der gesamten Organisation.

Erfolgreiche Umsetzung.
Eine erfolgreiche digitale Transformation der Kreditorenbuchhaltung gelingt nicht über Nacht. Sie erfordert Veränderungen bei Geschäftsprozessen, Mitarbeitenden und Führungskräften sowie in der Wahrnehmung der Kreditorenbuchhaltung und ihrer Bedeutung für den Einkauf und das Unternehmen als Ganzes auf der Führungsebene. Die Einführung neuer Softwarelösungen ist immer eine Herausforderung. Aber das Durchsetzen von Verhaltensänderungen (Change-Management) ist weitaus anspruchsvoller. Die Software muss einfach in der Handhabung sein, die Geschäftsbanken einbinden und sich problemlos mit ERP-Systemen verbinden lassen. Mit dem Roll-out der Softwarelösung sollten neue Jobbeschreibungen und Zielvereinbarungen für die betroffenen Mitarbeiter einhergehen. Aber auch die Lieferanten benötigen eine Starthilfe.

Mehrwert.
Viele Unternehmen haben den digitalen Wandel inzwischen angestossen und sind überzeugt, dass dieser nicht nur das Kundengeschäft, sondern auch das BackOffice revolutionieren wird. Der erreichbare Mehrwert wird immer offensichtlicher. Gleichzeitig steigt der Bedarf an einer konsistenten Geschäftsstrategie, die mit definierten Zielen und Massnahmen unterfüttert ist. Durch die Automatisierung der Kreditorenbuchhaltung können Daten bezüglich Einkaufsverhalten, Ausgaben, Lieferfristen, Skonti etc. kosteneffizient und zum Nutzen des Unternehmens ausgewertet werden (Big Data Mining). Die Transparenz steigt. Durch bessere Zahlungsbedingungen avancieren Lieferantenrechnungen vom Kostenblock zum Gewinnbeitrag. Statt sich mit der Rechnungsabwicklung zu befassen, bekommen Mitarbeitende die Möglichkeit, sich auf Gewinn steigernde Tätigkeiten zu konzentrieren. (TK)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 4/2019

 

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